LG Zwickau, 5 Qs 87/10 jug.
Mit Beschluss vom 07.05.2010 hob die Jugendkammer des LG Zwickau die durch das Amtsgericht nachträglich erteilten Weisungen eines Bewährungsauflagenbeschlusses auf.
Der Jugendrichter beim Amtsgericht hatte mit dem angegriffenen Beschluss dem Verurteilten aufgegeben, sich
a) am Freitag, dem 30.04.2010 in der Zeit von 19.00 Uhr bis 23.00 Uhr
(Hexenfeuer in Sachsen)
und
b) am Donnerstag, dem 13.05.2010 in der Zeit von 12.00 Uhr bis 22.00 Uhr
(Christi Himmelfahrt – Männertag/Vatertag)
alle zwei Stunden bei der für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu melden.
In der Zeit zwischen den Meldungen wurde es dem Verurteilten in dem Beschluss untersagt, in öffentlichen Gaststätten zu verkehren und in der Öffentlichkeit alkoholische Getränke zu konsumieren.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Verurteilten, aufgrund derer das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichtes aufhob und feststellte, dass die schon durchgeführten Maßnahmen rechtswidrig waren.
Das Landgericht führte in seinem Beschluss aus:
Die Beschwerde des Verurteilten ist zulässig. Nach § 59 Abs. 2 JGG kann die Beschwerde allerdings nur darauf gestützt werden, dass eine getroffene Bewährungsanordnung gesetzwidrig ist. Dies ist dann der Fall, wenn die getroffene Anordnung im Gesetz nicht vorgesehen, wenn sie unverhältnismäßig oder unzumutbar ist oder sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (OLG Stuttgart, NStZ-RR 2004, 89 bis 90 mit weiteren Nachweisen).
Die Beschwerde ist auch begründet. Zwar kann das Gericht nach § 23 Abs. 1 JGG Bewährungsauflagen und Bewährungsweisungen (§ 56 c StGB) nachträglich ändern oder aufheben.
Auch dieses dem Gericht gesetzlich eingeräumte Ermessen ist jedoch rechtsstaatlich gebunden. Sinn der Vorschrift ist es, Auflagen und Weisungen während der Bewährungszeit den wechselnden Verhältnissen, also dem Bewährungsfortschritt oder -rückschritt anzupassen; es muss sich die objektive Situation oder der Informationsstand des Gerichts in tatsächlicher Hinsicht geändert haben. Dass das Gericht anderen Sinnes geworden ist, reicht nicht aus (vgl. OLG Stuttgart aaO).
Dem gleichzustellen ist, wenn der bewährungsüberwachende Richter zur Notwendigkeit bestimmter Bewährungsauflagen und -weisungen eine andere Meinung vertritt als das letzte erkennende Gericht (Anm.: das war in diesem Fall ebenfalls das LG Zwickau).
Vorliegend hat der Verurteilte alle ihm in diesem Verfahren obliegenden Bewährungsauflagen und -weisungen erfüllt. Für weitere Weisungen hat er bislang keinen Anlass geboten. Weder die objektive Situation noch der Informationsstand des Gerichts in tatsächlicher Hinsicht hat sich geändert.
Die Jugendkammer brauchte deshalb nicht darüber befinden, ob die angeordneten Weisungen unverhältnismäßig oder unzumutbar sind. Es sei jedoch angemerkt, dass solches der Fall sein dürfte.
Ein sich mehrfaches Meldenmüssen pro Tag erscheint unverhältnismäßig und unzumutbar.