In einem früheren Beitrag haben wir über den mobilen Blitzer, übrigens eine Anlage des Typs Polyscan M1 der Firma Vitronic, berichtet und welch langen Kampf es bedeutete, den Freispruch für unseren Mandanten zu erringen.
Nach Abschluss des damaligen Verfahrens gingen wir davon aus, dass entweder die Beschilderung in diesem Bereich deutlich nachgebessert werden würde oder der Blitzerstandort aufgegeben wird.
Weit gefehlt!
Zwar hat man für Auffahrende von der A 11 aus Richtung Berlin auf die A 20 neue Schilder angebracht (s. das Update am Ende des früheren Beitrags), die jedoch nicht jeder Verkehrssituation angepasst ersichtlich sind, eine Ergänzung für Auffahrende von der A 11 aus Richtung Stettin erfolgte jedoch nicht.
Dies führte dazu, dass ein Betroffener, der unseren damaligen Beitrag hier fand, sich an uns wandte, da er -ohne sich einer Schuld bewusst zu sein- ebenfalls durch den Blitzer erfasst worden war. Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, auf der BAB 20 in Fahrtrichtung Prenzlau/Lübeck, eine durch Verkehrszeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um zumindest 46 km/h (!) überschritten zu haben.
Gegen den Bußgeldbescheid, der eine Geldbuße von 160,- €, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat vorsah, legten wir Einspruch ein.
Diesen begründeten wir damit, dass unser Mandant erst kurz vor der Messstelle, von der BAB 11 kommend, auf die BAB 20 eingefahren sei und eine Geschwindigkeitsbegrenzung für ihn weder ersichtlich, noch angeordnet war.
Überrascht wurden wir nun von einem Beschluss des AG Prenzlau (Beschluss vom 06.03.2018, AZ: 21 OWi 3423 Js-Owi 2243/18 (76/18)) in dieser Sache, mit dem zugleich der Staatskasse sämtliche Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Betroffenen auferlegt wurden.
Das Amtsgericht hat gem. § 72 Abs. 1 Satz 3 OWiG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft freisprechend entschieden, wofür eine vorherige Anhörung des Betroffenen bzw. Information an uns, nicht erforderlich ist.
Hintergrund dieser eindeutigen Entscheidung ist, dass das Gericht mangels abweichender Angaben davon ausgehen musste, unser Mandant sei aus Richtung Stettin (BAB 11) auf die BAB 20 gewechselt. Zwar habe er im Zubringer Tempo 100 km/h zu beachten, was jedoch nicht nach Einfädelung in die neue Autobahn fortwirke.
Beschleunigungsstreifen seien (bekanntlich) nicht Bestandteil der Richtungsfahrbahn der Autobahn, sondern selbständige Fahrbahnen (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVO Rn. 25a).
Zwar könne ein aus Richtung Stettin auffahrender, aufmerksamer Verkehrsteilnehmer bereits am Ende des Beschleunigungsstreifens in der Ferne (ca. 500 m entfernt und zugleich ca. 200 m nach dem Blitzerstandort) das Aufhebungszeichen (Zeichen 278) erkennen und vielleicht sogar hieraus den Rückschluss ziehen, dass in dem Bereich der Auffahrt auch auf der BAB 20 selbst eine Geschwindigkeitsbegrenzung herrschen müsse. Zwingend sei dies jedoch nicht, zumal ein Verkehrsschild als Allgemeinverfügung den Anordnungscharakter erst ab dem Punkt seines Passierens entfalte.
Vielleicht deuten wir zuviel hinein, jedoch entsteht beim Lesen der Entscheidung der Eindruck, als deute das Gericht zwischen den Zeilen eine gewisse Verärgerung über diesen Blitzer an …
Die aktuelle Beschilderungssituation haben wir auf nachfolgendem Luftbild (Bildquelle: Bing Maps) eingefügt.
Vertrauen ist gut.
Anwalt ist besser.