Kindesmisshandlung – ggf. Ende der Beweisaufnahme und Urteil am 17.01.11?

Zwickau/Plauen, 07.01.2011:

Im Verfahren um den Tod des im Alter von 2 Jahren und 3 Monaten verstorbenen Jungen aus Plauen, angeklagt u.a. als Mord vor dem Schwurgericht des Landgerichts Zwickau, könnte sich der Prozess nach inzwischen vier Verhandlungstagen seinem Ende nähern.

Nachdem bislang 9 Zeugen gehört, zwei Zeugenaussagen gelesen wurden und sowohl die rechtsmedizinische Sachverständige aus Jena, wie auch der psychiartrische Sachverständige aus Dresden ihre Gutachten erstatteten, wird das Gericht bis zum nächsten Verhandlungstermin am 17.01.2011 über einen Beweisantrag von RA Posner entscheiden. 

Dieser hat beantragt, fünf Zeuginnen aus dem familiären Umfeld seines Mandanten zu laden, u.a. um die Möglichkeit zu haben, sich ein umfassendes Bild vom Angeklagten machen zu können, nachdem dies durch eine Vielzahl an Zeugen bezüglich der Kindesmutter bereits erfolgte. Zudem sei ein umfassendes Gutachten des psychiartrischen Sachverständigen aus seiner Sicht ansonsten kaum denkbar. Die Unterlassung der Ladung von Zeugen aus dem familiären Umfeld seines Mandanten bezeichnete er zudem als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot umfassender Sachverhaltsaufklärung und, im Hinblick auf die Vielzahl der zur Kindesmutter gehörten Zeugen, zudem als Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens.

Einen ähnlichen Antrag hatte die Kammer jedoch bereits am 06.01.2011 zurückgewiesen. Auch um den neuen Antrag überhaupt vortragen zu können, musste sich der Verteidiger das Wort erkämpfen, da der Vorsitzende bereits beginnen wollte, den Sachverständigen zu hören und den Verteidiger aufforderte, seinen Antrag (der dem Vorsitzenden bereits in Schriftform auf dem Tisch lag) später zu stellen. Es wurde äußerst deutlich, dass der Vorsitzende, wenn ihm irgendwie möglich, die Ladung der Zeuginnen vermeiden will.

Die Verbescheidung des Antrages wurde zurückgestellt und mitgeteilt, dass bis zum nächsten Termin am 17.01.2011 darüber entschieden werde.

Sollte das Gericht eine Möglichkeit finden, den Antrag zu umgehen durch teilweise Zurückweisung, teilweise sogenannte Wahrunterstellung, dürften wohl am 17.01.2011  die Plädoyers gehalten und das Urteil gesprochen werden.

Zum Ende des heutigen Sitzungstages ergingen noch rechtliche Hinweise an den Angeklagten, dass statt einer Verurteilung wegen Mordes auch eine solche wegen Totschlags oder wegen Körperverletzung mit Todesfolge erfolgen könne. Hinsichtlich der Kindesmutter erging der Hinweis, dass statt einer Verurteilung wegen Mordes auch eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge erfolgen könne. Hinsichtlich beider Varianten wurden zudem tateinheitlich begangene Misshandlung von Schutzbefohlenen und Verletzung der Fürsorgepflicht angeführt.

Insoweit seien hier nochmals die unterschiedlichen Strafrahmen genannt, innerhalb derer dann eine angemessene Strafe durch das Gericht zu finden wäre:

  • Mord (§ 211 StGB) – lebenslange Freiheitsstrafe (eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung ist frühestens nach 15 Jahren möglich – § 57a StGB, wenn nicht das Gericht zudem die besondere Schwere der Schuld der/s Täter/s feststellt);
  • Totschlag (§ 212 StGB) – 5 Jahre bis 15 Jahre Freiheitsstrafe;
  • Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) – 3 Jahre bis 15 Jahre Freiheitsstrafe;
  • Misshandlung Schutzbefohlener (§ 225 StGB) – 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe;
  • Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht (§ 171 StGB) – Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren.

Sollte demzufolge keine Verurteilung wegen Mordes erfolgen, wären die dann zur Verfügung stehenden Strafrahmen deutlich niedriger.

Hinsichtlich der Kindesmutter ist zudem zu beachten, dass dieser nach den Ausführungen des psychiartrischen Sachverständigen offenbar Strafmilderung gemäß § 21 StGB zuzubilligen ist und zudem, sollte ihre Schuld in einem Unterlassen gesehen werden, zudem gemäß § 13 Abs. 2 StGB das Strafmaß nochmals gemildert werden könnte.

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