Mobiler Blitzer am Kreuz Uckermark – ein Geschäftsmodell geht pleite!

In einem früheren Beitrag haben wir über den mobilen Blitzer, übrigens eine Anlage des Typs Polyscan M1 der Firma Vitronic, berichtet und welch langen Kampf es bedeutete, den Freispruch für unseren Mandanten zu erringen.
Nach Abschluss des damaligen Verfahrens gingen wir davon aus, dass entweder die Beschilderung in diesem Bereich deutlich nachgebessert werden würde oder der Blitzerstandort aufgegeben wird.

Weit gefehlt!
Zwar hat man für Auffahrende von der A 11 aus Richtung Berlin auf die A 20 neue Schilder angebracht (s. das Update am Ende des früheren Beitrags), die jedoch nicht jeder Verkehrssituation angepasst ersichtlich sind, eine Ergänzung für Auffahrende von der A 11 aus Richtung Stettin erfolgte jedoch nicht.
Dies führte dazu, dass ein Betroffener, der unseren damaligen Beitrag hier fand, sich an uns wandte, da er -ohne sich einer Schuld bewusst zu sein- ebenfalls durch den Blitzer erfasst worden war. Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, auf der BAB 20 in Fahrtrichtung Prenzlau/Lübeck, eine durch Verkehrszeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um zumindest 46 km/h (!) überschritten zu haben.
Gegen den Bußgeldbescheid, der eine Geldbuße von 160,- €, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat vorsah, legten wir Einspruch ein.
Diesen begründeten wir damit, dass unser Mandant erst kurz vor der Messstelle, von der BAB 11 kommend, auf die BAB 20 eingefahren sei und eine Geschwindigkeitsbegrenzung für ihn weder ersichtlich, noch angeordnet war.

Überrascht wurden wir nun von einem Beschluss des AG Prenzlau (Beschluss vom 06.03.2018, AZ: 21 OWi 3423 Js-Owi 2243/18 (76/18)) in dieser Sache, mit dem zugleich der Staatskasse sämtliche Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Betroffenen auferlegt wurden.
Das Amtsgericht hat gem. § 72 Abs. 1 Satz 3 OWiG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft freisprechend entschieden, wofür eine vorherige Anhörung des Betroffenen bzw. Information an uns, nicht erforderlich ist.
Hintergrund dieser eindeutigen Entscheidung ist, dass das Gericht mangels abweichender Angaben davon ausgehen musste, unser Mandant sei aus Richtung Stettin (BAB 11) auf die BAB 20 gewechselt. Zwar habe er im Zubringer Tempo 100 km/h zu beachten, was jedoch nicht nach Einfädelung in die neue Autobahn fortwirke.
Beschleunigungsstreifen seien (bekanntlich) nicht Bestandteil der Richtungsfahrbahn der Autobahn, sondern selbständige Fahrbahnen (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVO Rn. 25a).
Zwar könne ein aus Richtung Stettin auffahrender, aufmerksamer Verkehrsteilnehmer bereits am Ende des Beschleunigungsstreifens in der Ferne (ca. 500 m entfernt und zugleich ca. 200 m nach dem Blitzerstandort) das Aufhebungszeichen (Zeichen 278) erkennen und vielleicht sogar hieraus den Rückschluss ziehen, dass in dem Bereich der Auffahrt auch auf der BAB 20 selbst eine Geschwindigkeitsbegrenzung herrschen müsse. Zwingend sei dies jedoch nicht, zumal ein Verkehrsschild als Allgemeinverfügung den Anordnungscharakter erst ab dem Punkt seines Passierens entfalte.

Vielleicht deuten wir zuviel hinein, jedoch entsteht beim Lesen der Entscheidung der Eindruck, als deute das Gericht zwischen den Zeilen eine gewisse Verärgerung über diesen Blitzer an …
Die aktuelle Beschilderungssituation haben wir auf nachfolgendem Luftbild (Bildquelle: Bing Maps) eingefügt.

Kreuz Uckermark

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Mobiler Blitzer am Kreuz Uckermark – ein gutes Geschäft!?

Der Fall begann, wie viele Ordnungswidrigkeitensachen hier anfangen – ein Mandant meldet sich und teilt mit, er habe einen Anhörungsbogen wegen einer angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung bekommen.
Tatsächlich sei dort aber keine Beschränkung gewesen, wenn auch wenige Meter nach der mobilen Messstelle ein Schild zur Aufhebung einer Geschwindigkeitsbegrenzung gestanden habe.
Er sei auf dem Weg zur Küste gewesen und am Kreuz Uckermark von der BAB 11 aus Richtung Berlin auf die BAB 20 in Richtung Lübeck/Stralsund gewechselt.
Er sei sich absolut sicher, dass zwischen seiner Auffahrt auf die BAB 20 und dem Blitzer kein Schild zur Geschwindigkeitsbegrenzung gestanden habe.

Nun, rund 450 km entfernt, vom Schreibtisch in Plauen aus, kann man das schlecht beurteilen.
Aus der angeforderten Ermittlungsakte ergab sich, dass angeblich Schilder für eine Begrenzung auf 100 km/h in 1.000m, 700m und 300m Abstand vor der Messstelle stehen sollten und die Begrenzung nur 200 m nach der Messstelle endet.
Ein Hinweis für die Richtigkeit der Angabe des Mandanten ergab sich jedoch aus der in der Akte enthaltenen Beschreibung der Schilder-Standorte.
So hieß es dort für die Wegstrecke des Mandanten:
"Dann kann man die Meßstelle über den Zubringer BAB 11 aus Richtung Berlin erreichen, hier steht das Zeichen 274 (100 kmlh) einseitig im Zubringer 700 Meter entfernt von der Meßstelle."

Also wurde der Mandant gebeten, selbst oder über Bekannte die dortige Beschilderung zu kontrollieren und zu dokumentieren.
Er wurde im Internet fündig, denn ein freundlicher Zeitgenosse hatte genau dieses Autobahnkreuz mit laufender Dashcam befahren und bei YouTube hochgeladen – hervorragend!
Wen es interessiert: Link zum Video

Das sah nach einem kurzen Intermezzo und einem schnell gewonnenen Fall aus! Doch weit gefehlt!
Der Zentraldienst der Polizei – Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg (unten als ZBS bezeichnet) in Gransee gibt so schnell nicht klein bei … (man erinnere sich an das Debakel um den Blitzer in Köln!)
Also fertigte Rechtsanwalt Posner ein Luftbild mit Bildeinblendungen der Beschilderung und des Standortes der Messstelle:
Luftbild mit Beschilderung und Messstelle
(Quelle des Luftbildes: Bing Maps, Quelle der eingefügten Beschilderung: Youtube-Video)

und zitierte die zugehörige Rechtsprechung (ausnahmsweise unter Juristen nicht streitig! cool), dass der in der Akte als „Zubringer“ bezeichnete Einfädelungsstreifen (auch Beschleunigungsstreifen genannt) nicht Bestandteil der Richtungsfahrbahn, sondern selbständige Fahrbahn ist (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 2 StVO, Rn. 25a).
Zudem sei es einhellige obergerichtliche Rechtsprechung, dass für die Verfolgbarkeit einer durch den an der Auffahrt auffahrenden Verkehrsteilnehmer begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung die Wiederholung des Zeichens 274 (100 km/h) erforderlich ist, da sonst diesem Verkehrsteilnehmer ein Schuldvorwurf nicht gemacht werden kann.

Obwohl die ZBS sodann selbst noch den amtlichen Beschilderungsplan beizog, der das Vorbringen bestätigte, beharrte man dennoch auf der Richtigkeit des Vorwurfes.
In der später erneut angeforderten Akte fand sich dann sogar der Auszug einer Entscheidung des OLG Hamm zur Fortwirkung von Geschwindigkeitsbegrenzungen an Kreuzungen, die die diesseitige Auffassung für den Einbieger im letzten Satz des Auszuges gar noch untermauerte. So weit hatte man womöglich nicht gelesen …

Unglaublich!
Als Strafverteidiger fühle ich mich grundsätzlich nicht berufen, jemanden anzuzeigen, aber dieser Vorgang von Beamten, die zur Verfolgung von (Straftaten und) Ordnungswidrigkeiten berufen sind und ausgebildet sein sollten, veranlasste mich, den Vorgang der Staatsanwaltschaft vorzulegen, dass dort in eigener Verantwortung eine Strafbarkeit der Person in der ZBS wegen § 344 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 StGB (Verfolgung Unschuldiger) geprüft werden möge.
Ein Amtsträger, der sich seiner Verantwortung gegenüber den Bürgern nicht bewusst ist, womöglich aufgrund fehlender Ausbildung, schlimmstenfalls zugunsten des Erhaltens einer Einnahmequelle, auf fehlerhaftem Behördenhandeln beharrt, sollte zukünftig mit anderen Aufgaben betraut sein.

Es wäre interessant zu wissen, wieviele Autofahrer bereits an dieser Messstelle geblitzt wurden und zu hoffen, dass niemand einfach bezahlt!
 

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Update 23.05.2017 – neue Schilder:

Dankenswerter Weise wurde mir ein neues Streckenvideo zur Verfügung gestellt.
Die Beschilderung wurde inzwischen verändert. So wurde am Beginn des Zubringers eine 60 km/h-Beschränkung errichtet und sodann auf der BAB 20, allerdings noch im Bereich von Auf- und Abfahrt, beidseitig eine neue 100 km/h-Beschilderung (Zeichen 274-60) aufgebaut.
neue Schilder Kreuz Uckermark

Es erschließt sich allerdings nicht, warum man dies nicht nicht einige Meter weiter, nach Ende der Einfädelspur, errichtete.
(Oder wäre dann womöglich der Abstand zum Blitzer-Standort zu gering??)
Durch die Aufstellung an dieser Stelle könnten trotz geänderter Beschilderung Einfahrende, die auf der A20 einen LKW neben sich haben, das rechtsseitige Schild lediglich auf die Ausfahrt beziehen, auf der Einfädelspur beschleunigen, um sich vor dem LKW einzuordnen und dadurch die neue Geschwindigkeitsbegrenzung ebenfalls nicht wahrnehmen, was wiederum zur Verfahrenseinstellung reichen sollte … 😉
Das Rechtsüberholen ist nunmal dem Einfahrenden auf dem Beschleunigungsstreifen erlaubt!

Plauen und seine neuen Blitzer – Parchim lässt warnend grüßen!

Mitte Januar teilte die Stadt Plauen mit, dass sie in den nächsten zwei Jahren sechs feste "Starenkästen" im Stadtgebiet aufstellen will – zwei auf der Friedensstraße, drei auf der Pausaer Straße und einen auf der Oelsnitzer Straße. Außerdem soll an der Ampelkreuzung Böhlerstraße/Wiesenstraße eine sogenannte Rotlichtüberwachungsanlage installiert werden.
Anschaffen und Betreiben will die Stadt die Blitzer jedoch nicht selbst, wurde mitgeteilt.
Das soll eine Fremdfirma übernehmen, die auch die Investition stemmen und die laufenden Kosten der Anlagen tragen soll.

Wollen wir hoffen, dass das richtig geplant wurde, denn sonst könnte aus Plauen ein zweites Parchim werden!

Was hat denn Parchim damit zu tun?
Nun, dort wurden die Blitzer auch von Privaten betrieben und ausgewertet.
Das ist unzulässig und führt dazu, dass die Messungen nicht verwertet werden dürfen!

Der Kollege Detlef Burhoff berichtet in seinem online-Blog (http://blog.burhoff.de/2015/04/ring-frei-ii-ag-parchim-der-landkreis-hat-zu-vertuschen-versucht/) von einem geradezu unglaublichen Vorgehen der dortigen Bußgeldbehörde, das in einem Urteil des AG Parchim vom 01.04.2015 dargelegt wird.

So ist die folgende Urteilspassage noch allgemeines juristisches Handwerkszeug:

“Die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten ist eine typische Hoheitsaufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns. Eine Mitwirkung von Privatpersonen ist nur möglich, wenn die Verwaltungsbehörde „Herrin des Verfahrens” bleibt. Bei Geschwindigkeitsmessungen muss die Behörde nicht nur Ort, Zeit und Häufigkeit der Messungen vorgeben, sondern auch den eigentlichen Messvorgang durch eigene ausgebildete Mitarbeiter kontrollieren, um gegebenenfalls einschreiten zu können. Schließlich muss die Auswertung des Messergebnisses der Ordnungsbehörde vorbehalten bleiben (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.07.2003 – 2 Ss Owi 388/02).”

Die Nichtbeachtung dieser Grundsätze führt zu einem Beweisverwertungsverbot.

Doch dann kommt es dicke:

“Der Landkreis Ludwigslust-Parchim hat nicht nur bei Missachtung der Vorgaben aus dem vorbezeichneten Erlass die Datenauswertung exclusiv der V. GmbH als privaten Dienstleistungsanbieter übertragen, sondern dies auch in Kenntnis der Rechtswidrigkeit dieses Vorgehens zu vertuschen versucht.
Bereits in den vorangegangenen Verfahren 5 OWi 1913/14 und 5 OWi 1633/14 hat das Gericht am 9.12.2014 bei Durchführung eines Ortstermins in den Geschäftsräumen der Stabsstelle Verkehrsüberwachung bei dem Landkreis Ludwigslust-Parchim sich von dem tatsächlichen Einsatz eines dort installierten TUFFViewers im Rahmen der Datenauswertung zu überzeugen versucht. Dort ist dem Gericht durch den Leiter der Stabsstelle Verkehrsüberwachung, Herrn pp., die Auskunft erteilt worden, dass es wegen seiner fehlenden Sachkenntnis nicht möglich sei, das dortige Messdatenauswertungsverfahren zu demonstrieren. Auch die zuständigen Sachgebietsleiter stünden hierfür nicht zur Verfügung.
Aus der dem Gericht vorliegenden, in der Hauptverhandlung verlesenen, von der Zeugin A. an die Mitarbeiter der Stabsstelle Verkehrsüberwachung übersandten E-Mail vom 21.11.2014 ist zu entnehmen, dass anfragenden Rechtsanwälten die Auskunft zu erteilen sei, dass seit dem 15.10.2013 die Umstellung auf den neuen TUFFViewer 3.45-1 abgeschlossen worden sei und dieser seither für die ausschließliche Auswertung durch die Mitarbeiter des Landkreises Ludwigslust Parchim verwendet werde.
Weiterführende Auskünfte an Rechtsanwälte sollten nicht erteilt werden.
In seiner ebenfalls dem Gericht vorliegenden und in der Hauptverhandlung verlesenen weiteren E-Mail vom 02.02.2015 beklagt der vorgenannte Leiter der Stabsstelle Verkehrsüberwachung gegenüber den dortigen Mitarbeitern den Umstand, dass die interne E-Mail vom 21.11.2014 dem Amtsgericht Parchim vorläge und er prüfen lasse, wer für die Weitergabe der betreffenden E-Mail an „unbefugte Dritte” verantwortlich sei.

Dem ist zu entnehmen, dass die Stabsstelle Verkehrsüberwachung in Kenntnis der ihr bereits in vorangegangenen Verfahren mitgeteilten, oben bezeichneten, obergerichtlichen Rechtsprechung bewusst auch der Erlasslage zuwiderhandelnd die Datenauswertung ausschließlich in private Hände ohne eigene Kontrollmöglichkeit übertragen hat.
Auch hat der Landkreis Ludwigslust-Parchim dem Gericht die Einsichtnahme in die mit der V. Wismar GmbH bestehende Dienstleistungsvereinbarung trotz in der Hauptverhandlung verlesenen schriftlichen Ersuchens mit Fristsetzung zum 28.3.2015, 12.00 Uhr, verweigert.”

Bei diesem mitgeteilten Sachverhalt fehlen einem die Worte!

Wir können nur hoffen, dass unsere Stadt sich nicht auch von einem solchen Dienstleister (z.B. nach dem Motto: „Wir machen alles für Sie. Sie haben weder Arbeit, noch Kosten, noch Verwaltungsaufwand mit den Messungen.“) hat ködern lassen …

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Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

Wird der Auslandsführerschein zum Auslaufmodell?

(Beitragsbildquelle: Gerichtshof der Europäischen Union)

Eine brandaktuelle Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) kann und wird mit Sicherheit Auswirkungen auf die Führerscheinlandschaft (nicht nur) in Deutschland haben. Am 23.04.2015 veröffentlichte der EuGH eine Pressemitteilung zur Rechtssache C-260/13 „Sevda Aykul / Land Baden-Württemberg“, in dem auf Vorlage eines Verwaltungsgerichtes die Frage zu klären war, ob eine österreichische Staatsangehörige mit ihrer österreichischen Fahrerlaubnis in Deutschland berechtigt ist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Hintergrund des Verfahrens war, dass die Frau in Deutschland erwischt wurde, unter Einfluss von Cannabis gefahren zu sein und dass sie dieses Rauschmittel zumindest gelegentlich konsumierte. Die deutschen Behörden hielten sie deswegen für ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und sprachen ihr das Recht ab, mit ihrem österreichischen Führerschein in Deutschland zu fahren. Zugleich wurde sie darüber informiert, dass sie dieses Recht wiedererlangen könne, wenn sie ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vorlege, das in der Regel von einjährigem Abstinenznachweis abhängig ist. Die Frau war der Auffassung, dass diese Entscheidung gegen die Richtlinie des Europäischen Parlaments über den Führerschein (RL 2006/126/EG) und die sich daraus ergebende Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine verstoße. In dem neuen Urteil beantwortete der EuGH diese Frage damit, dass die Richtlinie einen Mitgliedsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Inhaber eines ausländischen Führerscheins vorübergehend aufhält, nicht daran hindere, die Anerkennung der Gültigkeit dieses Führerscheins wegen einer Zuwiderhandlung auf seinem Hoheitsgebiet abzulehnen. Zwar könne der ausländische Führerschein nicht entzogen werden oder andere Maßnahmen ergriffen werden, die in allen Mitgliedsstaaten Wirkung entfalten. Es sei ihm jedoch erlaubt, geeignete Maßnahmen nach seinen eigenen Rechtsvorschriften zu ergreifen, deren Auswirkung sich lediglich auf sein Hoheitsgebiet erstrecken. Dies stelle zwar eine Beschränkung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine dar; allerdings sei sie geeignet, die Gefahr von Verkehrsunfällen zu verringern, was im Interesse der Bürger sei. Diese deutsche Beschränkung sei auch nicht unverhältnismäßig und deshalb europarechtswidrig, da sie nicht unbegrenzt wirke. Die Frau habe die Möglichkeit, das geforderte MPU-Gutachten vorzulegen oder zu warten, bis die Beschränkung – hier nach 5 Jahren – aus dem deutschen Fahreignungsregister gelöscht worden ist.

Wir dürfen sicher sein, dass dieses Verfahren in Alkohol- und Drogensachen Schule macht!

Rechtsanwalt Herbert Posner
– Fachanwalt für Strafrecht –

Umrechnungsprobleme in der Punktereform

Die seit 1. Mai diesen Jahres in Kraft getretene Reform des Punktesystems und die damit verbundene Überleitung des Verkehrszentralregisters (VZR) zum Fahrerlaubnisregister (FAER) sollte nach Ansicht des Verkehrsministeriums eigentlich ganz einfach sein. Eine schöne Umrechnungstabelle wurde entworfen und dazu die Ampelfarben eingeführt.
Alle Punkte, die bis zum 30.04.2014 im VZR eingetragen waren, sollten mit Hilfe der Tabelle einfach in das neue System umgerechnet, alle Eintragungen ab dem 01.05.2014 nach dem neuen System zusätzlich eingetragen werden. Das hörte sich zunächst tatsächlich einfach an.
Doch ist dies auch gerecht? Nein!

Die vereinfachte Betrachtungsweise des Gesetzgebers hat einen erheblichen Haken, der bis zum Führerscheinverlust führen kann!
Normalerweise knüpft unser System der Strafen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht an das zur Tatzeit geltende Recht an. Hier jedoch wurde nicht auf den Tatzeitpunkt, sondern einzig darauf abgestellt, wann ein Delikt in Flensburg eingetragen wurde, worauf der Kraftfahrer überhaupt keinen Einfluss hatte.

Wenn Max Mustermann im VZR zum 30.04.2014 bereits 14 Punkte (alt) eingetragen hatte, wurden sie am 01.05.2014 zum FAER in 6 Punkte (neu) umgerechnet.
Hatte er jedoch zusätzlich am oder vor dem 30.04.2014 eine weitere Ordnungswidrigkeit begangen, die nach altem System mit 3 Punkten zu bewerten gewesen wäre, jedoch noch nicht eingetragen wurde, ergibt sich derzeit für ihn das Problem, dass die Fahrerlaubnisbehörde ihn zur Abgabe der Fahrerlaubnis auffordert. Warum?
Nun, durchgehend nach altem Recht berechnet, hätten seine eingetragenen 14 Punkte (alt) und die neuen 3 Punkte (alt) zusammen 17 Punkte ergeben und wären dann in das neue FAER zu 7 Punkten (neu) umgerechnet worden.

Da der Gesetzgeber jedoch „alles ganz einfach“ gestalten wollte, wird tatsächlich anders berechnet, nämlich:
Die am 30.04.2014 eingetragenen 14 Punkte (alt) wurden umgerechnet in 6 Punkte (neu) und das vor der Reform begangene, aber erst später eingetragene Delikt, wurde sodann einzeln umgerechnet von 3 Punkten (alt) in 2 Punkte (neu), was zur Folge hat, dass Flensburg nun der Fahrerlaubnisbehörde mitteilt, der Fahrerlaubnisinhaber habe 8 Punkte (neu) erreicht.
Ihm sei folglich die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Berlin führt nach Prüfung der Problematik u.a. aus, dass das Ziel der Reform einfachere und transparentere Regelungen waren.
"Aus eben diesen Vereinfachungsgründen wurde bei der Übergangsregelung auf den Aspekt der Eintragung (Zeitpunkt der Speicherung) von Entscheidungen abgestellt. Das alternative Abstellen auf den jeweiligen Tattag hätte ein ggf. mehrmaliges Umrechnen des Punktestandes erfordert, was nicht zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit beigetragen hätte."
Diese Begründung überzeugt indes nicht.
Eine ggf. auch mehrfache Neuberechnung sieht die Reform in § 65 Abs. 3 Nr. 6 StVG selbst vor für Fälle, in denen Sachverhalte, so z.B. die Bescheinigungen über Punkteabbaukurse, bis zum 30.04.2014 zwar der zuständigen Behörde vorgelegt, aber noch nicht im Register eingetragen waren. Es ginge also doch …

Dieses Umrechnungsproblem betrifft natürlich nicht nur diejenigen, die schon derart viele Punkte auf dem Konto hatten, sondern auch all jene, die durch die (ungerechte) Umrechnung in die nächste Ampelstufe geraten und deshalb von der Fahrerlaubnisbehörde kostenpflichtig verwarnt werden.
Bundesweit sind daher derzeit eine Menge Verfahren anhängig, die gegen diese (nach Ansicht der Betroffenen) aus Vereinfachungsgründen gewählte Ungleichbehandlung vorgehen. Falls auch Sie betroffen sind, sollten Sie sich zur Wehr setzen.
Lassen Sie einen solchen Bescheid, auch wenn es "nur" ein Gebührenbescheid sein sollte, nicht rechtskräftig werden, sondern gehen Sie zum Anwalt!

Rechtsanwalt Herbert Posner
– Fachanwalt für Strafrecht –

28.11.2013 Glatteis im Vogtland – Wer haftet für den Unfallschaden?

Plauen, 28.11.2013
Leider hatte der gestrige Wetterbericht wieder einmal Recht – das angekündigte Glatteis durch überfrierenden Sprühregen hat das Vogtland heute Morgen, beginnend ab kurz nach Mitternacht, erwischt.
Mein morgendlicher Gang zum Briefkasten, um die – heute nicht gelieferte – Zeitung zu holen, begann mit einem freundlichen "Guten Morgen! Sie sind wahrscheinlich einer der vielen Unfallgeschädigten, die wir heute aufzusuchen haben!" aus dem Mund eines vor der Haustür auf einen anderen Bewohner wartenden Polizeibeamten.
Lächelnd konnte ich das Verneinen, erwiderte den Gruß und gab dem jungen Mann, der aufgrund der spiegelglatten Straße gegen seinen Willen mit seinem Auto fast in unserer Haustür gelandet war, noch ein paar tröstende Worte mit auf den Weg.
Schon gegen 10 Uhr meldete man im Radio, dass die Polizei im Vogtland deutlich über 100 Glatteisunfälle aufzunehmen hatte.

Seit Mittag melden sich nun fast im 10-Minuten-Takt potentielle Mandanten, die in der ein oder anderen Art an einem Glatteis-Unfall beteiligt waren.
Zeit also, sich einen groben Überblick zu verschaffen, wann jemand und wenn, wer haftet.
Ausgangspunkt dafür ist stets die Frage nach der Verkehrssicherungspflicht, hier der Räum- und Streupflicht.
In den nachfolgenden Fällen gehe ich zugleich von flächigem, kaum oder gar nicht erkennbarem Eis, also nicht lediglich von einer überfrorenen Pfütze aus.
Auch die Fußgängerunfälle behandle ich hier nicht.

Fall 1 – Glatteis auf nicht gestreuter Straße:

Dies sind i.d.R. die meist aussichtslosen Fälle.
Die Städte und Gemeinden haften meist nicht, da nicht erwartet werden kann, dass sie das gesamte Gemeindegebiet innerhalb kürzester Zeit bis in jede Anliegerstraße hinein gestreut haben.
Erforderlich ist, dass ein ausgearbeiteter, nach nachvollziehbaren Kriterien erstellter, Tourenplan für die Räum- und Streufahrzeuge vorliegt und eingehalten wurde.
Ansprüche werden meist durch den Kommunalen Schadensausgleich (KSA) bearbeitet, von dort alles bestritten (wirklich alles, bis hin zur Frage des Eigentumsnachweises am eigenen PKW!) und zurückgewiesen.
Auch vor Gericht wird man mit dem KSA i.d.R. keinen Vergleich hinbekommen. Ohne Urteil geht Nichts und das auch erst, wenn kein Rechtsmittel mehr möglich ist.

Fall 2 – Glatteis auf öffentlichem Parkplatz zum Gemeingebrauch:

Hier gilt fast ausnahmslos dasselbe, wie bei Fall 1, erst Recht, wenn die Stadt Eigentümerin der Fläche ist.
Heraus zu bekommen ist in jedem Fall zunächst, wen die Verkehrssicherungspflicht trifft. Ansprüche durchzusetzen ist etwas leichter, aber dennoch stehen die Chancen meist nicht gut.
Langwierig wird es allemal.

Fall 3 – Glatteis auf dem Kundenparkplatz eines Einkaufsmarktes:

Fazit vorab: Beweise sichern, Zeugen mit Namen und Anschrift aufnehmen, herausbekommen, wem der Laden gehört und dann zum Anwalt!
Dieser Fall beschäftigt Juristen in der ein oder anderen Form schon seit Jahrzehnten zu Beginn des Studiums und ist beliebtes Thema von Anfängerklausuren im Zivilrecht. smiley
Anspruchsvoraussetzung ist zunächst, dass Sie den Parkplatz zur Öffnungszeit des Marktes mit der Absicht befahren haben, in dem Markt anschließend einkaufen zu gehen.
Das OLG Karlsruhe schrieb in seinem Urteil vom 18.04.2012 (AZ: 7 U 254/12) dazu:
"Nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann es bereits durch die Anbahnung eines Vertrages bzw. nach Nr. 3 durch ähnliche geschäftliche Kontakte zur Begründung eines Schuldverhältnisses mit Schutz- und Rücksichtspflichten im Sinne des § 241 Abs. 28GB kommen. Bereits in diesem Stadium besteht die Pflicht, sich so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen
Teils nicht verletzt werden (Palandt, 71. Auflage, § 311 Rn. 29; MünchKomm/Emmerich, BGB, 5. Auflage, § 311 Rn. 71). Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob es zum Zeitpunkt des Unfalls schon zu konkreten Kaufverhandlungen gekommen war (BGH, NJW 1962, 31). Der Schutz beginnt bei einem Schadensfall im Zusammenhang mit dem Einkauf in einem Warenhaus in dem Moment, in dem sich der Kunde mit dem Ziel eines Vertragsschlusses in die vom Warenhaus beherrschte Sphäre begibt (BGH, a.a.O.)."

Allerdings ist dabei zudem zu beachten, wer was vorzutragen und ggf. zu beweisen hat. Hierzu das OLG Brandenburg mit Urteil vom 29.03.2007 (AZ. 12 U 171/06):
"Dabei hat der Verletzte das Vorliegen einer die Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenlage zu beweisen, während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die ihm das Streuen unzumutbar macht, beweispflichtig ist (vgl. BGH NJW 1985, 484, 485; OLG Celle NJW-RR 2004, 1251; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 823 Rn. 230). Der Geschädigte hat somit zunächst einen Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachzuweisen. Hingegen braucht er nicht darzulegen, dass der Glättezustand bereits solange bestanden hat, dass dem Streupflichtigen genügend Zeit für gefahrvermeidende oder -vermindernde Reaktionen zur Verfügung stand (OLG Celle a.a.O.)."

Eine Gefahr der Mithaftung besteht jedoch auch in diesen Fällen.
Können Sie nicht nachweisen, dass der Unfall trotz äußerster Sorgfalt und langsamster Fahrt geschah, bleibt ggf. ein Teil des Schadens an Ihnen bzw. Ihrer Versicherung hängen.
Wenn also durch das oder mit dem von Ihnen geführte(n) Fahrzeug ein Unfall passierte, haben Sie ggf. in diesen Fällen einen Anspruch auf teilweisen oder bestenfalls sogar vollständigen Schadenersatz am angefahrenen und am eigenen Fahrzeug.
Darauf, ob der Laden einen Hausmeisterdienst mit der Räum- und Streupflicht beauftragt hat, kommt es nicht an, denn mit der Firma haben Sie keine vertragliche Verbindung und sollten sich dementsprechend auch nicht einfach dorthin verweisen lassen. Der Ladeninhaber kann aber ggf. diese Firma später in Regress nehmen.
Auch wenn es nicht wirklich darauf ankommt:
Der Ladeninhaber wird sich gerade in der heutigen Situation auch nicht damit entschuldigen können, er habe geglaubt, der Hausmeisterdienst werde schon rechtzeitig bis zur Öffnungszeit eintreffen.
Gerade aufgrund des bereits in der Nacht eingetretenen Glatteises war es so, dass jede/r Mitarbeiter/in des Ladens die Glätte auf dem Kundenparkplatz feststellen musste.
War der Streudienst bis zur Öffnungszeit noch nicht eingetroffen, hätte man sich problemlos mit der vorübergehenden Sperrung des Parkplatzes helfen können.

Abwandlung:
Haben Sie ihr Fahrzeug ordnungsgemäß auf dem Kundenparkplatz abgestellt und rutscht es später durch ein Gefälle auf dem Glatteis an ein anderes Fahrzeug, haften weder Sie noch Ihre Versicherung für den Schaden am Fremdfahrzeug!

Für einen kurzen Überblick sollte dies zunächst reichen.
Alles Weitere und auf den konkreten Einzelfall bezogen, sollten wir am Schreibtisch besprechen.
In jedem Fall gilt:

Ein Anwalt ist preiswerter, als kein Anwalt!

Rechtsanwalt Herbert Posner nun sogar in der FOCUS-Top 120!

Der FOCUS hatte mir ja bereits Ende Juli mitgeteilt, dass ich in die TOP 500 im Sonderheft der "Großen Deutschen Anwaltsliste" (Erscheinungsdatum 15.10.13) aufgenommen sei (siehe frühere Meldung hier).
Nun wurde ich überrascht, mich sogar in der Vorabveröffentlichung der TOP 120 aller Rechtsgebiete, im Verkehrs-(straf-)recht gar in der Top 20 und als einziger Benannter aus Sachsen in der aktuellen FOCUS-Ausgabe (Nr. 39/13) im Verkehrs-(Straf-)recht wieder zu finden.
Angesichts einer Zahl von derzeit über 161.800 zugelassenen Rechtsanwälten/innen (01.01.2013) in Deutschland, erfüllt mich dies mit Stolz.
Ich empfinde ich die Auszeichnung als große Ehre und Ansporn für die tägliche Arbeit zugleich.
Dem Vogtland-Anzeiger zugleich herzlichen Dank für den Bericht darüber!
 
RA Herbert Posner – Fachanwalt für Strafrecht –

Auch der WochenSpiegel berichtete:

Vogtland-Anzeiger vom 26.09.2013WochenSpiegel vom 12.10.2013

Amtsgericht Auerbach spricht Polizeibeamten vom Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr frei

18.01.2012, Auerbach: Freispruch für Polizeibeamten

Unter den Augen und Ohren fast eines ganzen Polizeirevieres, die als Zuschauer an der Verhandlung teilnahmen, wurde heute gegen den Beamten einer anderen Dienststelle wegen des Vorwurfes der Trunkenheit im Verkehr verhandelt.

Am Ende der Verhandlung stand für Richter und Rechtsanwalt Herbert Posner als Verteidiger – anders als für die Staatsanwaltschaft – fest, dass man nur wisse, dass der Beamte irgendwann während seiner Dienstzeit mit seinem PKW von A nach B gefahren ist und dass er irgendwann an diesem Tage Alkohol konsumierte.

Feststellungen jedoch, dass er alkoholisiert auch das Fahrzeug bewegte, bevor er deutlich angetrunken in das Revier in B ging, um sich erklären zu lassen, wie er in B eine bestimmte Straße finde, gab es nicht.
Die dortigen Beamten hatten dies schlicht unterstellt und ihren Kollegen entsprechend behandelt, der Blutentnahme zugeführt und ihm vorübergehend die Fahrerlaubnis weggenommen.

Weitere Ermittlungen, die der Verteidiger im Ermittlungsverfahren beantragt hatte und obwohl das AG Auerbach im Vorfeld aus denselben Gründen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis abgelehnt hatte, wurden durch die Staatsanwaltschaft nicht geführt.

Die StA beantragte heute die Verurteilung des Angeklagten zu 30 Tagessätzen (ein Monatsnetto) sowie zu 9 Monaten Fahrerlaubnisentzug.
Nach deren Auffassung sei die Darstellung des Angeklagten unglaubhaft, woraus der Schluss gezogen wurde, da er (nach Auffassung des StA) die Unwahrheit sprach und sich nicht gleich gegen die polizeilichen Massnahmen gewehrt habe, müsse er auch schuldig sein.

Eine merkwürdige Auslegung deutschen Strafprozessrechtes, wie der Verteidiger meint …

Das Gericht führte aus, dass dafür eine Überzeugung des Gerichtes derart schwerwiegend vorliegen müsse, die vernünftige und ernsthafte Zweifel an der Unschuld des Angeklagten ausschließt. Zu Zweifeln komme man erst gar nicht, denn es mangele hier schon an der Überzeugung …

Fazit: es gab heute viel zu lernen – zu den Anforderungen an vollständige Ermittlungen, zum Grundsatz dass die Staatsanwaltschaft nach § 160 II StPO auch zur Entlastung tätig werden sollte und zu den Grundlagen der Rechtsfindung.

Für den Polizeibeamten schließt sich nun noch ein Disziplinarverfahren wegen des Alkoholgenusses in der Dienstzeit an.

Herbert Posner – Rechtsanwalt –
     Fachanwalt für Strafrecht

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.

Mehrfachtäter-Fahrverbot? – Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.

Zeitz, 04.01.2012 – Ein Autofahrer, nennen wir ihn hier Schulze, war auf der Autobahn mit 31 Km/h zu viel geblitzt worden.

Soweit, so schlecht – jedoch droht normalerweise in einem solchen Fall außerorts "lediglich" ein Bußgeld und Punkte.
Ein Fahrverbot ist außerorts grundsätzlich erst ab 41 Km/h Geschwindigkeitsüberschreitung fällig.

Leider bei vielen Kraftfahrern noch immer unbekannt, enthält die Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) eine Regelung für besonders beharrlich gegen die StVO verstoßende Kraftfahrer, sogenannte Mehrfachtäter.
In § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV ist bestimmt, dass in der Regel auch dann ein Fahrverbot in Betracht kommt, wenn der Kraftfahrer innerhalb eines Jahres zwei- oder mehrmals mit mindestens 26 Km/h zu schnell unterwegs war.

Unser Herr Schulze wußte zwar, dass er zu schnell unterwegs und geblitzt worden war, fühlte sich jedoch hinsichtlich des Fahrverbotes ungerecht behandelt und ging zum Anwalt.
Nachdem dieser Akteneinsicht beantragt und erhalten hatte, stellte sich zwar heraus, dass auch das Messverfahren und die Eichung des Gerätes ordnungsgemäß erfolgt waren. Jedoch befand sich in der Akte auch eine von der Behörde eingeholte Verkehrszentralregisterauskunft zu einem Herrn Schulte, der innerhalb des vorangegangenen Jahres mit 28 Km/h zu viel erwischt worden war.
Daraus hatte die Behörde geschlossen, unseren Betroffenen, Herrn Schulze, als Mehrfachtäter mit einem Fahrverbot "erfreuen" zu müssen.
Der Verteidiger hatte zeitgleich mit dem Akteneinsichtsgesuch auch in Flensburg die Übersendung eines aktuellen Verkehrszentralregisterauszuges (VZR-Auszug) für Herrn Schulze gefordert und erhalten. Dieser war zwar nicht leer, enthielt jedoch nur kleinere Verstöße.

Obwohl der Verteidiger der Behörde sodann mitteilte, dass sein Mandant kein Mehrfachtäter sei und das Fahrverbot zu entfallen habe, beharrte die Behörde auf ihrem Bescheid und gab die Sache über die zuständige Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht Zeitz zur Entscheidung ab.

In der anberaumten Hauptverhandlung am 04.01.2012, von deren Teilnahme Herr Schulze auf Antrag des Verteidigers befreit war, stellte sich heraus, dass das Gericht selbst auch versucht hatte, einen aktuellen VZR-Auszug zu erhalten.
Doch auch dort kam es zu einem Schreibfehler im Namen, so dass lediglich der VZR-Auszug für einen Herrn Schule vorlag.

Nachdem der Verteidiger nun den korrekten Auszug für seinen Mandanten Schulze vorlegte und zur Akte reichte, hob das AG Zeitz folgerichtig das Fahrverbot auf.

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.

24.08.2011 – AG Auerbach spricht vermeintlichen Raser frei!

Vor dem Amtsgericht Auerbach musste sich ein junger Mann verantworten, dem vorgeworfen wurde, innerorts mit 47 Km/h zu schnell gewesen zu sein.
Ihm drohten 200,- EUR, 4 Punkte und 1 Monat Fahrverbot.

Das Bild des Fahrers war mehr als zur Hälfte durch eine Jägermeister-Hawaii-Kette verdeckt.

Über seinen Verteidiger, Herrn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Herbert Posner, ließ er sich dahingehend ein, sich nicht erinnern zu können, das Fahrzeug zur Tatzeit gefahren zu haben. Es komme auch sein Halbbruder als Fahrer in Betracht.

Der zum Hauptverhandlungstermin geladene humanbiologische Sachverständige fertigte von beiden Männern Fotos und arbeitete sie per Computer in das Blitzerbild ein, um schließlich zu dem Schluss zu kommen: "Eine eindeutige Zuordnung, welcher der beiden Männer gefahren ist, ist nicht möglich."

Das Amtsgericht sprach den Betroffenen daher aufgrund des Zweifelssatzes "in dubio pro reo" frei. Die (nicht unerheblichen) Kosten des Verfahrens und die Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

 

 

Die diversen Merkmale, die ein humanbiologischer Sachverständiger für sein Gutachten heranzieht, sind auf den nachfolgenden Schautafeln markiert:

Kopf vorn

 

Kopf seitlich

Dachlawine – Vermieter haftet zu 50% ggü. seinem Mieter

50% Haftung des Vermieters bei Dachlawine auf privater Freifläche
[AG Dresden, Urteil vom 31.03.2011, AZ.: 107 C 5208/10]

Der Mieter einer Wohnung, zu der den Mietern der Wohnanlage die unentgeltliche Nutzung einer Freifläche zum Parkgebrauch eingeräumt wird, hat wegen Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis, die sich als Verkehrssicherungspflicht darstellt, gegen den Vermieter aus §§ 280, 535, 242 BGB und in gleicher Weise aus § 823 Abs. 1 BGB Anspruch auf Schadensersatz.
Allerdings muss sich der Mieter gemäß § 254 BGB ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen.

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Dresden.
Der Beklagte ist Eigentümer des Hauses und Vermieter der vom Kläger genutzten Wohnung.
Auf dem Grundstück befindet sich neben dem Wohnhaus eine mit Rasengittern belegte Fläche. Auf dieser hatte der Kläger am 18.01.2010 seinen PKW Skoda abgestellt.
Durch den Abgang von Schnee und Eis vom Dach des Hauses wurde der PKW des Klägers beschädigt.
Der Kläger war der Auffassung, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um Personen und Sachen vor Schäden niedergehende Schneemassen zu schützen und verlangte vom Vermieter vollständigen Schadensersatz.

Der Vermieter war der Auffassung, er habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Das AG Dresden führte in seinem Urteil, mit dem es dem Mieter 50% seines Schadens zusprach, aus:

"Der Beklagte hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, sein Fahrzeug auf der Freifläche neben dem Haus abzustellen. Die Zurverfügungstellung der Freifläche macht die Wohnung als Mietobjekt attraktiver. Der Beklagte, der sein Vertrags partner die Möglichkeit eröffnet, die Freifläche zu nutzen, hat Vorkehrungen zu treffen, um die Personen, denen er den Gebrauch einräumt, vor Gefahren zu schützen, die von dem in seinem Eigentum stehenden Haus auf die Freifläche ausstrahlen (vgl. OLG Frankfurt, 22 U 90/98). Als Vermieter und Eigentümer des Grundstückes kennt der Beklagte die Baulichkeiten und die von ihnen ausgehenden Gefahren in besonderer Weise, bzw. er muss sie kennen.
Es mag sein, dass dem Beklagten nicht zumutbar war, das Dach mehrfach täglich zu kontrollieren oder es ihm nicht zumutbar war, das Dach vom Schnee zu räumen. Dann hätte er aber darauf hinweisen müssen, dass er nicht unter Kontrolle hat, ob wegen des Schneefalles vom Dach her Gefahren drohen.
Allerdings hat auch der Kläger nicht die Sorgfalt an den Tag gelegt, die von jedermann im Umgang mit eigenen wertvollen Sachen, wie einen PKW, erwartet werden kann. Auch dem Kläger war die Wetterlage bekannt. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass Verkehrssicherungspflichten häufig  vernachlässigt werden. Der Kläger hätte sich also in seinen eigenem Interesse vergewissern müssen, ob das Dach frei von Schnee war bzw. ob mit dem Abgang von Schnee zu rechnen war. Sofern ihm von unten wegen der Besonderheiten der Baulichkeiten der Blick auf das Dach verwehrt war, hätte er sich, bevor er sein Fahrzeug abstellt, in anderer Weise – etwa durch Nachfrage beim Beklagten kundig machen können.
Bei wechselseitiger Abwägung der jeweiligen Beiträge der Parteien zur Entstehung des Schadens hält das Gericht eine Schadensquotelung von 50 zu 50 für angemessen.
Der Kläger hat dem Grunde nach die Hälfte seines Schadens selbst zu tragen."

Bearbeitet durch Rechtsanwalt Herbert Posner, Plauen

Irrtum vom Amt: Verzicht auf Fahrerlaubnisklasse ist nicht Verzicht auf Berechtigung zum Führen eines PKW

Mehr Glück als Verstand – Führerscheinstelle formuliert falsche Verzichtserklärung

Nachdem es ein Führerscheininhaber mit offenbar besonders lockerem Gasfuß geschafft hatte, die magische 18-Punkte-Grenze in seiner  Flensburger Führerscheinkartei trotz mehrerer Punkteabbauseminare zu überschreiten, wollte ihm die zuständige Führerscheinstelle die Fahrerlaubnis entziehen.

Um den Erlaß eines förmlichen Entzugsbescheides mit den verbundenen Kosten, aber auch Rechtsmittelmöglichkeiten des Betroffenen,  zu umgehen, wurde ihm angeboten, (unfreiwillig-) freiwillig auf seine Fahrerlaubnis zu verzichten.

Hierfür wurde dem Betroffenen durch das Landratsamt Greiz 2008 eine vorformulierte Verzichtserklärung mit folgendem Text zur Unterschrift vorgelegt:

"Ich verzichte hiermit unwiderruflich auf folgende Fahrerlaubnisklasse:
A, BE, C1E, CE, M, L.

Ich bin darauf hingewiesen worden, dass für mich keine Möglichkeit besteht, diesen Verzicht auf die o.a. Fahrerlaubnisklassen zu widerrufen.

Mir ist bekannt, dass ich einen Antrag stellen und mir eine neue Fahrerlaubnis erteilen lassen muss, falls ich erneut ein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug der o.g. Klassen, auf die ich verzichtet habe, führen will."

Der Betroffene verfügte daneben bereits seit 2005 über eine in einem anderen Land der EU ausgestellte Fahrerlaubnis, welche ihn zum Führen von PKW (Klasse B) berechtigte.

Nachdem er nun in Deutschland mehrfach am Steuer eines PKW gesehen wurde, wurde er aufgrund seiner o.g. Verzichtserklärung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis angeklagt.

Zunächst wurde lange darüber gestritten, ob er nicht aufgrund seines ausländischen Führerscheines hätte fahren dürfen. Dies hatte jedoch das AG Plauen verneint und ihn zunächst wegen, allerdings nur fahrlässigen, Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt.

In der Berufung vor dem Landgericht Zwickau erfolgte dann jedoch der Freispruch!
Das LG stellte fest, dass er mit oben genannter Erklärung weder freiwillig auf die Fahrerlaubnisklasse B verzichtete, noch diese entzogen worden sei. Er sei zum Führen eines PKW berechtigt gewesen.

Vor diesem Hintergrund musste über die Wirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis nicht mehr entschieden werden.

Die Staatsanwaltschaft hatte zwar gegen dieses LG-Urteil zunächst Revision eingelegt, diese aber anschließend wieder zurückgenommen.

Offenbar suchte man dort einen einfacheren Weg und erhob wegen einer weiteren PKW-Fahrt des Angeklagten erneut Anklage zum AG Plauen, was dort auf wenig Gegenliebe stieß.
Der Amtsrichter lehnte die Eröffnung des Verfahrens unter Hinweis auf die Begründung des Landgerichtes in der vorangegangenen Sache ab.
Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein, die diese hauptsächlich damit begründete, die Fahrerlaubnisklassenauflistung in der Verzichtserklärung enthalte nur "Oberklassen". Wie eine Nachfrage bei der betreffenden Sachbearbeiterin der Führerscheinstelle ergeben habe, sei der vollständige Verzicht gemeint gewesen und dies vom Angeschuldigten auch so verstanden worden.
Rechtsanwalt Herbert Posner, als Verteidiger des Betroffenen, hielt dem entgegen, dass es solche "Oberklassen" hier nicht gebe, insbesondere der Verzicht auf die Klasse BE nicht etwa einen Verzicht auf die Klasse B enthalte und im übrigen kein Raum für eine weitergehende Auslegung der Erklärung bestehe, da deren Wortlaut eindeutig sei.

Dem folgte nun das Landgericht und verwarf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft.
Maßgeblich sei der objektive Inhalt der Verzichtserklärung. Die Fahrerlaubnisklassen, auf die verzichtet wurde, seien eindeutig und abschließend aufgezählt. Auf das, was ggf. im Vorfeld dazu besprochen wurde und wie die Mitarbeiterin des Landratsamtes dies aufgefasst hat, komme es nicht an.

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.


Anmerkung:

Soweit hier bekannt, benutzt die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamtes Greiz diesen Verzichtsvordruck bereits seit mehreren Jahren sowohl in Fällen überfüllter Punktekonten, als auch in Fällen, in denen wegen Alkohol und/oder Drogen ein Führerscheinentzug für erforderlich erachtet wurde. Anschließend wird dem Kraftfahrtbundesamt der Entzug mitgeteilt, so dass dort eine Punktelöschung erfolgt.

Es ist von einer Mehrzahl an Personen auszugehen, die trotz vermeintlichen Verzichts tatsächlich noch einen PKW fahren dürften, zugleich aber die "Wohltat" der Punktelöschung in Flensburg erlebt haben. Voraussetzung dürfte sein, dass in ihren früheren Führerscheinen mehr als nur die Klasse B eingetragen war.

Parkplatz Kaufland Morgenbergstrasse, Plauen – Wer hat Vorfahrt?

Plauen, 13.04.2011:

Das Gelände des Kauflandes an der Morgenbergstrasse ist ein großflächiges Privatgelände.
Unsicherheit herrscht, wer auf diesem Gelände Vorfahrt hat; vor allem, da die Durchgangsstrasse baulich bzw. durch die vorhandenen Markierungen den Eindruck erweckt, als sei sie übergeordnet.
Schilder zur Vorfahrtsregelung fehlen jedoch.
In einem unserer Fälle kam es zum Streit über diese Frage mit der Stadtverwaltung, nachdem unsere Mandantschaft im Vertrauen auf "Rechts-vor-Links" losfuhr und es zum Unfall kam.
Die Bußgeldstelle der Stadt Plauen meinte, wer aus den Parkreihen komme, müsse gem. § 10 StVO warten und verhängte ein Verwarngeld in Höhe von 35,- Euro.
Das AG Plauen entschied heute, dass dem nicht so sei, sehr wohl Rechts-vor-Links sowie gegenseitige Rücksichtnahme gelte, hob den Bußgeldbescheid auf und stellte das Verfahren in Anwesenheit des Leiters der Ordnungsbehörde der Stadt Plauen ein.

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.

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Nachtrag:

Dass man allerdings auch die Auffassung der Stadtverwaltung Plauen vertreten kann, zeigt eine zivilrechtliche Entscheidung des Kammergerichts Berlin (Urteil vom 12.10.2009 – AZ: 12 U 233/08), das die Auffassung vertrat, "Rechts-vor-Links" gelte nicht, wenn die Markierung die eine als Zufahrtsstraße, die anderen als Gassen zu den eigentlichen Parkflächen ausweise. Hierzu sei verwiesen auf die Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen AnwaltVerein, unter www.verkehrsanwaelte.de.
Unsere Mandantschaft muss diese höchst unterschiedliche Sichtweise allerdings nicht stören, denn ihre Schadenersatzansprüche hatte die gegnerische Versicherung bereits vor dem oben geschilderten Ordnungswidrigkeitenverfahren bezahlt und das OWi-Verfahren ist, wie oben geschildert, auch erledigt. 😉